Kann ich meinen persönlichen Status Quo noch halten?

Auf dem Bild befinden sich eine Djembe, eine HAndtrommel und Figur. Und der Schriftzug: Mein persönlicher Status Quo.


Kann ich meinen persönlichen Status Quo noch halten?

Kann ich meinen persönlichen Status Quo noch länger halten?

Vor über zehn Jahren bin ich aus dem Leben gefallen.


Im Anschluss an einem Virusinfekt im Frühjahr 2013 rutschte ich innerhalb weniger Tage in einen Strudel unterschiedlicher Symptome. Schwächeanfälle, Panikattacken, Schwindel und komplette Appetitlosigkeit, um nur einige zu nennen. Ich wusste nicht, was mit mir los war und drei Krankenhausaufenthalte innerhalb von zwei Monaten brachten ebenfalls keine Klarheit.
Mein Nervensystem machte mittlerweile mit mir, was es wollte und ich hatte dem nichts entgegenzusetzen.

Die erste Person, die einen Ausdruck fand für das, was mit mir geschah, war meine langjährige klassische Homöopathin. Sie vermutete, dass sich Re-Traumatisierungen bemerkbar machten, die durch irgendwas aktiviert worden waren.

Die Symptomatik glich tatsächlich der eines Posttraumatischen Belastungssyndroms.

Manche Ärzte sprachen von einem Burnout. Andere von einer Depression.

Irgendwann kam der Punkt, an dem mich eine genaue Diagnose nicht mehr wirklich interessierte. Eine Zeitlang versuchte ich Panikattacken und Schwächeanfälle unter Kontrolle zu bringen, was mir kaum bis gar nicht gelang. Jede Fahrt mit dem Auto wurde zu einem Spießrutenlauf. Egal, ob als Fahrerin oder auf dem Beifahrersitz.

Ich hatte längst gemerkt, dass ich in mein altes Leben (vor allem in meine alten Gewohnheiten und Gefühlslandschaften) nicht mehr zurückfinden würde.

Nehmen wir doch den Begriff „Status Quo“ einmal etwas genauer unter die Lupe. Der Begriff beschreibt im Grunde den gegenwärtigen Zustand, was bis vor wenigen Wochen in meinem Fall bedeutete, dass ich mich selbst als sehr zufrieden erlebte. Außerdem hielt ich mich für ziemlich belastbar. Ich erinnere mich an keine Zeit in meinem Leben, in der ich das anders gesehen habe. Ich hatte einen großen Freundeskreis, eine funktionierende Beziehung, hatte Freude am Job und wohnte in einem schönen, lichtdurchfluteten Haus. Die Kinder waren aus dem Gröbsten raus und es fühlte sich an, als ob mir die Zukunft zu Füßen läge.

Bis dieses Traumgespinst zusammenbrach.

Im Grunde ist es nicht mehr als das. Ein Traumgespinst. Wir identifizieren uns mit einem bestimmten Lebenskonzept, von dem wir denken, dass wir es verdient hätten und dass es uns irgendeine Sicherheit bietet. Wir lehnen uns hinein, in dieses Konzept, in das Bild von uns, welches wir erschaffen haben. Manchmal strapazieren wir es über Gebühr, schließlich wollen wir ja, dass alle sehen, wie toll es bei uns läuft. Und bei alldem merken wir den Zeitpunkt nicht, in dem der selbst erschaffene Lebensentwurf zur Falle wird.

Was passiert dann?

Wir versuchen nach Kräften, etwas aufrecht zu halten, was schon eine ganze Zeitlang nicht mehr passt.

Es ist ein Festhalten an einer Lebens-Art, die längst zu schwierig, zu komplex oder zu mühselig geworden ist. Wir haben – meist unbewusst – schon zu viele verrückte Dinge getan, um weiter mitspielen zu können. Möglicherweise haben wir uns bis zur Unkenntlichkeit einem bestehenden System angepasst. Es ist einfach so peinlich, sich selbst und anderen einzugestehen, dass man vor die Wand gelaufen ist. Viele Menschen, denen so etwas passiert, nehmen lieber Psychopharmaka, um weiter zu funktionieren, als vor der ganzen Welt wie ein/e Versager/in dazustehen.

Die tiefe Angst vor dem Scheitern paart sich gerne mit einem unerbittlichen inneren Bewertungssystem. Wenn ich vor mir selbst zugebe, dass ich mit meinem Lebensentwurf auf ganzer Linie eine Bruchlandung hingelegt habe, gehöre ich plötzlich zu der Gruppe Menschen, auf die ich bis dahin (mitfühlend lächelnd) herabgesehen habe.
Wie so viele andere dachte ich, dass mir so etwas nicht passieren könnte.

Gerade wir Frauen wollen es gerne selbst schaffen. Wollen in der (Männer-) Welt bestehen. Wir möchten auch beruflich erfolgreich sein, das Land verteidigen, Chefärztin sein oder in der Politik ein hohes Amt bekleiden.  Das alles ist auch nichts Schlechtes. Der Fehler liegt darin, dass wir, um das zu erreichen, nach den Regeln der Männer agieren. Diese (höchst fragwürdigen) Regeln sind aber nicht unsere Regeln. Darum wird das auf Dauer nicht funktionieren. Wir sind keine Männer, und Frauen funktionieren anders, ob uns das gefällt oder nicht.

Nun möchte ich nochmal auf den Begriff des Status Quo zurückkommen.

Natürlich gehen die entsprechenden Konditionierungen schon früh los. Noch bevor wir irgendwas intellektuell erfasst haben, interagieren wir durch Nachahmung und bestimmte Bestrafungs- und Belohnungssysteme schon auf eine gewisse Art und Weise. Wir erfassen, was von uns erwartet wird, ohne dass dies benannt werden müsste oder wir es erklären könnten. Und wir wollen die Erwartungen der Anderen erfüllen! Ganz unbewusst begreifen wir, was in unserer Sippe angesagt ist und was nicht. Ob es die Eltern sind, später die Lehrer oder vielleicht die Clique, ich möchte dazugehören, will möglichst nicht das Opfer sein, welches gemobbt wird. Darum eigne ich mir Verhaltensmuster und Sichtweisen an, die nicht meine eigenen sind, die möglicherweise gar nicht zu mir passen, die mich völlig überfordern oder gar krank machen. Den Kontakt zu meinen eigenen Resonanzen, zu meinem inneren Erleben, musste ich irgendwo tief in mir einschließen.

Dann bin ich erwachsen und da ich nicht so genau weiß, wie ich selbst eigentlich ticke, mache ich erstmal so weiter wie bisher. Eigentlich möchte ich ganz neue Wege beschreiten, nutze dazu aber die früh erlernten Muster. Ich suche mir einen Partner oder eine Partnerin, der/die in mein „Profil“ passt und baue weiter an meinem Lebensentwurf. Ich habe bestimmte Vorstellungen, die ich zu verwirklichen suche. Ist es ein eigenes Haus, ein gut bezahlter Job, eine große Familie?

So habe ich mir einen persönlichen Status Quo geschaffen, den es jetzt aufrechtzuhalten gilt.

Das Ganze funktioniert ungefähr so lange wie alle Komponenten, aus denen meine individuelle Lebenssituation besteht, stabil bleiben und meine Kräfte ausreichen.

Manchmal braucht es allerdings nicht viel, um Risse ins Fundament zu bekommen. Was ist, wenn ein Kind das System erschüttert? Wenn eine schwere Erkrankung Pläne durchkreuzt? Was, wenn ich den Job verliere, der mir die Brötchen sichert?

Auch wenn wir in einem solchen Fall gerne nach Schuldigen für unsere miserable Situation suchen, gibt es meistens keine.

Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass es Sinn macht, möglichst früh das Kämpfen aufzugeben.

Ganz egal, was es ist, das sich uns in den Weg stellt, wir tun gut daran, in uns Selbst nach heilen Anteilen Ausschau zu halten. Sei getrost, es gibt welche. IMMER! Auch in der aussichtslosesten Situation. Einerseits sind wir zwar auf uns selbst zurückgeworfen, andererseits ist keine von uns alleine. Anfälle von unbarmherziger Selbstkritik dürfen sich allmählich in Selbstmitgefühl wandeln. Unzählige Frauen (und Männer) kämpfen einen täglichen (Überlebens-) Kampf. Viele von uns nehmen diesen Überlebensmodus als normales Erleben wahr. Durchhalten ist hier oft eine jahrelange Devise. Fühlst du dich betroffen? Vielleicht kann ich etwas für dich tun. Schau einfach, ob du in meinen Angeboten etwas für dich findest.

Manchmal ist es Gott. Dann tue ich gut daran, zu akzeptieren, was gerade passiert. Es gibt unzählige Geschichten in der Bibel, in denen Gott mit Menschen andere Pläne hatte als sie selbst. Jona aus dem Alten Testament beispielsweise hatte Angst vor seiner zugewiesenen Aufgabe. Er konnte ihr jedoch nicht ausweichen. Er wurde im Bauch des Wals dorthin gebracht, wo Gott ihn haben wollte.
Oder im Neuen Testament Maria, die furchtbar erschrak, als sie erfuhr, dass sie ein Kind direkt von Gott zur Welt bringen sollte.

Ich behaupte, dass Gott nach wie vor in unserer Mitte unterwegs ist und Menschen (manchmal sehr abrupt) in ihrem „Spiel des Lebens“ unterbricht, um sie in eine andere Richtung zu lenken. Das fühlt sich erstmal nicht schön an. Wenn wir uns umschauen, merken wir jedoch, dass dies dringend notwendig ist. Je mehr wir in der Lage sind, uns diesen Kräften hinzugeben (sie sind sowieso stärker als wir!), umso eher fühlen wir uns wieder stabiler.

Um nochmal auf den persönlichen Status Quo zurück zu kommen: Schau genau hin, was noch wichtig ist und sortiere aus, was du getrost loslassen kannst. Sei großzügig darin, Dinge und Muster zu verabschieden. Du wirst schon bald erkennen, dass darin eine unglaubliche Freiheit steckt. Innerlich frei zu werden bedeutet, sich von Identifikationen frei zu machen. Auch von Identifikationen mit (Selbst-)Bildern und Konzepten, die vor allem in unseren Köpfen existieren. Wirkliche Freiheit besteht darin, das Anhaften zu beenden. Es bedeutet, sich einer höheren Führung anzuvertrauen und kann unglaublich befriedigend sein.

Das weiß ich aus eigener Erfahrung!

Falls du zu den vielen Menschen gehörst, die einmal an ihrem persönlichen Nullpunkt standen und wieder ins Leben zurückgekommen sind, dann schreibe deine Geschichte gerne in die Kommentare. Sie interessiert mich und sicher auch andere LeserInnen.

Alles Liebe für dich,

Deine Daniela

Wenn dir der Blogartikel gefallen hat, freue ich mich, wenn du ihn teilst. Magst du vielleicht auch die Herbstzeitrosen-Post abonnieren? Dann bekommst du einmal in der Woche eine E-mail von mir.

Schreibe einen Kommentar