Das Kuschelhormon – Die Welt braucht mehr Oxytocin

Auf dem Bild sieht man Körperteile und die Worte: Das Kuschelhormon sowie Die Welt braucht mehr Oxytocin.


Das Kuschelhormon – Die Welt braucht mehr Oxytocin

Das Kuschelhormon – Oxytocin – man nennt es auch Glückshormon.

Ist es nicht verrückt, dass gerade die winzigsten Bestandteile unseres Körpers den größten Einfluss auf unsere Gefühlswelt, unseren Gesundheitszustand und unser allgemeines Wohlbefinden haben?


Bakterien, Hormone, Neurotransmitter, Spurenelemente und wie sie alle heißen, sind essenziell dafür verantwortlich, wie es uns geht und wie wir uns selbst erleben. Unsere körperliche und psychische Stabilität hängt maßgeblich von der Wirkweise und der Balance dieser Winzlinge ab. Sie arbeiten mit-, gegen- und füreinander. Da lohnt es sich doch, einmal etwas genauer hinzuschauen.

In diesem Blogartikel möchte ich ein Plädoyer für das Bindungshormon Oxytocin halten. Es wird auch Kuschelhormon genannt, weil es beim Kuscheln im Organismus gebildet wird. Das Hormon wird im Gehirn gebildet und über die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) ins Blut abgegeben. Manche bezeichnen Oxytocin als Glückshormon und es kann Geburtswehen auslösen. Hierfür wird es auch ganz konkret eingesetzt. Natürlich kann es noch vieles mehr. Aber keine Sorge, es wird nicht zu wissenschaftlich.

Eher möchte ich die große Wirkung dieses kleinen Helfers auf unser Wohlbefinden in den Vordergrund stellen. Dies ist mir ein inneres Bedürfnis, weil ich finde, dass wir die Wirksamkeit von Oxytocin und die schlichte Möglichkeit, unser Wunderwerk „Körper“ für eine höhere Produktion desselben zu nutzen, komplett unterschätzen.

Allem voran stelle ich die Behauptung auf, dass wir so ziemlich alle unterkuschelt sind.

Es ist noch nicht so lange her, dass jungen Eltern und vor allem den Müttern erklärt wurde, dass sie ihr Kind verwöhnen, wenn sie es zu häufig tragen oder auf andere Weise mit ihm im Körperkontakt sind.

Erst 1987 wurde eine überarbeitete Ausgabe des Buches „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ letztmalig aufgelegt. Dieser Erziehungsratgeber, geschrieben 1934, empfahl ausdrücklich, Kinder nicht mit „äffischer Zuneigung“ zu verweichlichen und sie zwischen den geregelten Mahlzeiten schreien zu lassen. Ich kenne das Buch selbst nur in Auszügen. Die Empfehlungen, die mir bekannt sind, zielen allesamt daraufhin, die Bindung zwischen Mutter (Eltern) und Kind möglichst früh zu untergraben.
Dass diese Art des Umgangs mit kleinen Kindern bis in die heutige Zeit nachwirkt, zweifle ich nicht an.

Die meisten von uns haben in ihrer Kindheit beruhigende und entspannende Berührungen schmerzlich vermisst. Von daher ist es kein Wunder, dass wir die wohltuende Wirkung von ausreichend Oxytocin nie wirklich kennengelernt haben. Im Organismus von Kindern, die nicht ausreichend angefasst, nicht massiert oder regelmäßig liebkost werden, setzten sich somit andere chemische Botenstoff- Konzentrationen zusammen, als bei denen, die regelmäßig angenehme Berührungserfahrungen machen. Da das Kuschelhormon als Gegenspieler von Stresshormonen wie Cortisol und Adrenalin gilt, fehlt diesen Kindern als Ausgleich der beruhigende Einfluss von Oxytocin. Es wurde bereits ein Zusammenhang zwischen einem Mangel an Oxytocin und Störungen im Autismuspektrum nachgewiesen. Die Forschungen hierzu dauern an.

Das Gute ist: Wir können jederzeit anfangen, mehr Oxytocin zu produzieren. Auch wenn die Entwicklung über Generationen hinweg ganz konkret in die entgegengesetzte Richtung lief, hat unser Körper nicht verlernt, das Glückshormon zu bilden. Er kann es immer noch. Wir müssen es nur wollen. Und tun!

Es heißt, um Oxytocin zu bilden, sollte eine Umarmung mindestens 20 Sekunden dauern. Erst dann beginnt der Körper mit der Ausschüttung des Hormons. Hast du das mal probiert? Seit ich weiß, dass es so einfach ist, von den Wirkungen des Kuschelhormons zu profitieren, halten mein Mann Thomas und ich mehrmals täglich inne, und verharren eine kleine Weile in einer Umarmung. Und was macht das mit uns?

Zugegeben fühlte es sich zunächst ein wenig künstlich an, uns, wann immer sich zwischendurch eine Gelegenheit ergibt, zu umarmen und ein wenig in dieser Umarmung zu verweilen. Nach kurzer Zeit war es aber so, dass wir beide spürbar weniger in Alltagskonflikte gingen. Thomas beschreibt, dass er seitdem mehr Harmonie und vor allem mehr Verbundenheit zwischen uns erlebt. Ist auch kein Wunder, schließlich ist Oxytocin nicht nur ein Glücks- oder Kuschelhormon, sondern auch ein Bindungshormon und es wird ihm nachgesagt, dass es entspannungsfördernde Wirkung hat und zu „prosozialem“ Verhalten führen kann. Es dämpft Ängste und Depressionen und hat schmerzstillende Wirkung, so wird es beschrieben.

Wenn Oxytocin aber „prosoziales“ Verhalten fördert, ziehe ich daraus den Schluss, dass wir allesamt einen guten Schwung davon gebrauchen können. Aber wie kommen wir daran?

Wer einen Partner oder eine Partnerin hat, ist gut dran. Allerdings gibt es zahlreiche Paare, die sich schon ewig nicht mehr innig berührt haben. Das kann man dann auch nicht mal eben erzwingen. Wie man auch als alleinstehende/r von mehr Oxytocin profitieren kann, dazu komme ich später.

Zunächst ist es für diejenigen, die in einer zugewandten Beziehung leben, nicht schwer, ein paar Umarmungen in den Alltag einzubauen. Man muss lediglich den Beschluss fassen, es zu tun. Fasst euch wieder an. Massiert euch. Macht Liebe. Haltet euch an den Händen. Kuschelt auf dem Sofa.

Und vergesst nicht die Kinder. Je kleiner das Kind, desto mehr Stunden sollte es am Körper der Mutter oder des Vaters zubringen. Und wann immer es geht, sollte die Elternzeit so lange wie möglich ausgedehnt werden. Es ist mittlerweile bekannt, dass die Fremdbetreuung bei Kindern unter drei Jahren einen deutlich erhöhten Cortisolspiegel bei den Kleinen zur Folge hat. Und das gilt auch für gute Kitas mit hochqualifiziertem Personal. Bei Kindern, die die ersten Jahre in vertrauter Umgebung mit den vertrauten Bezugspersonen verbringen, ist hingegen der Oxytocinspiegel höher.

Erschaffe, so gut du kannst, in deinem Zuhause eine Atmosphäre der Geborgenheit. Gehe einfach mal durch alle Räume und beobachte, was du fühlst. Und was siehst du? Sind die Zimmer hell? Steht viel Krimskrams drin? Vergiss nicht: Weniger ist mehr. Vielleicht magst du mal wieder ausmisten? Gibt es kuschelige Plätze? Geborgenheit erzeugt ein Gefühl der Sicherheit. Unser Nervensystem fordert das Gefühl, sicher zu sein. Wenn ihm Signale von großem oder andauerndem Stress geschickt werden, macht es uns die Hölle heiß. Dann werden wir nervös, reizbar, ängstlich und/oder auch aggressiv. Auch hier hilft Oxytocin.

Neuere Forschungen beschäftigen sich mit dem Zusammenhang zwischen dem Vagusnerv und der Produktion von Oxytocin. Der Nervus Vagus ist unser 10. Hirnnerv. Früher wurde er als „Eingeweidenerv“ bezeichnet, da er viele Organe innerviert. Mittlerweile weiß man, dass die Aktivierung des ventralen Vagus uns quasi sofort ruhiger werden lässt. Ich habe das selbst schon mehrfach ausprobiert und stimuliere den Vagus täglich während meiner Morgenroutine oder zwischendurch wenn ich mich gestresst oder nervös fühle. Den Vagus zu aktivieren, ist leicht für jede/n möglich.

Ich verlinke hier zwei Youtube-Videos zum Thema Vagus aktivieren:

Das erste ist von Dr. Ulrich Bauhofer, das zweite von Dr. Nicole LePera (in englischer Sprache).

Den Vagus zu aktivieren ist eine Sache, für die wir keine zweite Person brauchen. Es ist also eine gute Möglichkeit, den eigenen Oxytocinspiegel zu erhöhen, wenn man alleine lebt. Das Streicheln eines Haustieres fördert die Produktion von Oxytocin auch nachweislich. Bei unserem Kater Sam ist das dann eine Win-Win-Situation. Er fordert seine Streicheleinheiten ein und tut uns damit ebenso etwas Gutes.

Es gibt tatsächlich in einigen Gegenden Kuschel-Treffen für Menschen, die ihren Stresslevel senken und ihre innere Zufriedenheit durch körperliche Nähe erhöhen möchten und vielleicht gerade nicht in einer Partnerschaft leben. Ein solches Angebot verlinke ich hier.

Wir alle haben es in der Hand, auf kurzem Weg zu höherer Zufriedenheit, mehr Sanftmut, und „prosozialerem“ Verhalten zu gelangen. Also, auf was warten wir noch? Die Welt braucht mehr Oxytocin. Packen wir es an! Oder besser: Fassen wir uns an!

In diesem Sinne

Alles Liebe …

Deine Daniela

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Schmitz

    Ein toller Blogartikel!!!

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