Ich liebe Dich?
Ich liebe „Dich“?
Die Liebe. Mal wieder!
Wir alle sind auf der Suche nach ihr. Wir wünschen uns nichts sehnlicher, als zu lieben und geliebt zu werden und tun gleichzeitig so viel dafür, die Liebe auf Abstand zu halten.
Warum ist das so?
Sich zu verlieben ist nichts außergewöhnliches. Die meisten von uns tun dies mehrfach im Leben. Wir fühlen uns leicht, beschwingt, haben das Gefühl, dass uns die Welt zu Füßen liegt. Schon nach kürzester Zeit fällt der Satz „Ich liebe dich“. Und wir meinen das auch so. Wir geben uns größte Mühe, dem/der Anderen zu gefallen, zählen die Tage, Stunden, Minuten bis zum nächsten Treffen. Er hält ihr die Tür auf (macht mein Mann übrigens nach über 15 Jahren Partnerschaft immer noch), überlässt ihr seine Jacke, wenn sie friert. Sie malt Herzen auf Zettel und zündet Kerzen an, wenn er sie besucht. Romantik pur! Die Emoticons in den Whatsapp-Nachrichten sprechen ihre eigene Sprache.
Ich liebe Dich!
Wir alle kennen das.
Ist ein Ich liebe „Dich“ überhaupt möglich?
In diesem Blogartikel möchte ich einmal der Frage nachgehen, ob und in welcher Form ein Ich liebe “Dich“ überhaupt möglich ist.
Wie so oft, wenn es um die großen Gaben des Lebens geht, bleibt es ein Versuch.
Manchmal wünschte ich, wir würden mit dem Begriff „Liebe“ ein wenig sorgfältiger umgehen. Wir alle glauben, sie zu kennen. Dabei könnten wir uns etwas bescheidener verhalten. Es ist nämlich so, dass unser Ego beispielsweise mit Liebe nicht so viel zu tun hat. Es tut nur gerne so, als ob. Das Ego möchte seinen Vorteil. Etwas, was die Liebe nicht kennt. Wenn Bedingungen ins Spiel kommen, wenn die verletzten Anteile in uns den Partner brauchen oder wenn wir uns selbst aufgeben, umdie Partnerin oder den Partner zu halten, hat das Spiel, welches wir spielen, mit Liebe nichts mehr zu tun. Auch wenn wir es immer noch so nennen. Auch wenn es sich für uns immer noch so anfühlt. Hier ist unser Ego die treibende Kraft. Nicht die Liebe.
Am Anfang der Liebe
Am Anfang der Liebe steht IMMER die Liebe zu mir selbst. Schon an diesem Punkt biegen die meisten ab.
Und so kommt es zu vielen Missverständnissen. Zum Beispiel wird hier gerne Selbstliebe mit Egoismus gleichgesetzt. Das Gegenteil ist aber der Fall.
Bin ich mir selbst liebevoll zugewandt, öffnet sich ganz allmählich der Herzraum, der Heimatort der Liebe. Wir werden durchlässiger für die hohen Schwingungen, die dort erzeugt werden.
Und prompt kommen Bedingungen ins Spiel. Da ist unser Selbstwert an ein bestimmtes Körpergewicht oder an eine makellose Haut, an die Form der Beine oder an einen gewissen Leistungsanspruch geknüpft. Wenn schon an dieser Stelle die unerbittliche innere Bewertungspolizei die Kelle raushält, wie könnte da Liebe gedeihen?
Auf welche Weise könnten wir die Liebe denn überhaupt finden?
Lernen, zu ver-lernen
Zunächst macht es Sinn, vieles von dem, was wir über Liebe zu wissen glauben, wieder zu verlernen.
Alte Vorstellungen, wie wahre Liebe zu sein hat, halten dem großen „Feld der Liebe“, wie ich es gerne nenne, nicht stand. Dieses unendliche „Feld“ ist immer da. Es ist auch dann da, wenn gerade etwas völlig anderes im Vordergrund steht. Das Feld der Liebe ist unendlich und wir dürfen es entdecken. Wir tragen es komplett in uns. Es ist nur so, dass wir um unsere Herzen dicke Mauern errichtet haben. Wie ein verängstigtes Dornröschen sitzen wir hinter den Mauern und warten auf den Prinzen oder die Prinzessin, die uns erlösen soll. So funktioniert es nur leider nicht.
Die Erlösung, die wir uns wünschen, finden wir (ausnahmslos) in unserer eigenen Tiefe.
Diese Tiefe entpuppt sich nur leider allzu häufig als eine Art Wespennest. Wenn wir mit uns selbst still werden, mit der Tiefe in uns in Berührung kommen, fühlt sich das bei den meisten Menschen zunächst nicht schön an. Möglicherweise spüren wir verletzte Anteile auf, erleben Bereiche in uns, die wir um keinen Preis sehen, geschweige denn wahrhaben möchten. Empfindungen wie Neid und Eifersucht, Scham oder Zwänge, diffuse oder ganz konkrete Ängste drängen sich gerade dann ins Bewusstsein, wenn wir damit beginnen, es ernst mit uns selbst zu meinen.
Das fühlt sich unerträglich an
Dachten wir doch, wir seien über solch niedere Gefühle erhaben. Aus diesem Grund tun wir alles dafür, diese Anteile in ihrer verschlossenen Kammer zu halten, so lange es irgendwie geht. Sie sollen da bleiben, wo sie unsere aktuelle Verliebtheit nicht stören. Um diese Dinge können wir uns ja vielleicht später einmal kümmern (Trugschluss!). Darum überspringen wir diesen enorm wichtigen Schritt der Selbstliebe so gerne und suchen lieber einen möglichst passenden Partner, der uns von unseren verschatteten Anteilen ablenkt. Das halten wir dann gerne (zumindest vorübergehend) für Erlösung.
Das Dumme ist allerdings, dass genau diese unerwünschten Anteile unser Handeln maßgeblich bestimmen solange wir es nicht wagen, sie in vollem Umfang zu fühlen und ebendurch das Fühlen zu integrieren. Nur durch Integration können diese Anteile zu unserer größten Ressource werden. Dass wirkliche Liebe, die diesen Namen zu Recht trägt, nicht gedeihen kann, solange verdrängte Anteile ihr Spiel mit uns treiben, kannst du dir selbst vorstellen. Das Fatale ist, dass wir denken, wir hätten das alles längst geklärt. Und das ist so, weil wir so sehr geübt darin sind, diese Anteile nicht zu fühlen.
Ist unser Normalzustand normal?
Mit schwarzen Löchern und der Verdrängung alter Schmerzen zu leben, ist zu unserem Normalzustand geworden.
Wenn ich davon ausgehe, dass wir alle mit einem gesunden Maß an Selbstliebe geboren wurden, stellt sich die Frage, wo ist sie hin, die Selbstliebe? Warum ist sie uns abhandengekommen?
Vor kurzem habe ich dazu auf Social Media folgenden Satz gelesen:
„Wenn Kinder von ihren Eltern allzu oft kritisiert oder bestraft werden, hören sie nicht auf, ihre Eltern zu lieben. Sie hören auf, sich selbst zu lieben.“ (Autor/in unbekannt)
Das ist bitter, erklärt aber schon sehr eindrücklich, womit wir es in dieser Welt zu tun haben. Es ist so schrecklich „normal“, dass wir unsere Kinder permanent bewerten und vergleichen. Zeigen sich irgendwelche „Auffälligkeiten“, wird ein Behandlungskonzept erstellt. Was stecken denn da für Botschaften drin?
Dies soll keinesfalls ein Vorwurf sein. Wir können ja fast nicht anders, haben wir es doch selbst täglich wie ein Löffelchen Medizin eingetrichtert bekommen, dass wir auf eine bestimmte Art zu sein und zu funktionieren haben, um „geliebt“ zu werden. Ich erinnere mich an eine Zeit, in der sowohl zuhause als auch in der Schule körperliche Gewalt angewandt wurde, um ein bestimmtes Verhalten der Kinder herbeizuführen. Bei manchen setzte sich das Ganze im kirchlichen Unterricht fort. Wo hätten wir also etwas über Liebe lernen können? Nehmen wir den Mund dann nicht ein bisschen zu voll bei dem Satz „Ich liebe dich“?
Die Liebe zu mir
Bleiben wir mal dabei, dass die Liebe zu mir selbst das wichtigste Tool ist, um das Feld der Liebe kennenzulernen.
Wenn ich bereit bin, meine persönlichen schwarzen Löcher mitfühlend zu betrachten, altem Trauma nicht länger auszuweichen und den Schmerz zu fühlen, der Jahre und Jahrzehnte in mir überdauert hat, öffnet sich etwas in mir. Dann brauche ich die Partnerin oder den Partner nicht mehr, um mich „ganz“ zu fühlen. Dann endlich kann sich langsam aber sicher wirkliche Liebe zunächst in mir und dann zwischen uns ausdehnen.
Mit jedem Millimeter Raum, den die Liebe sich in mir erobert, wächst auch meine Fähigkeit, anderen mit Liebe zu begegnen.
Grundsätzlich ist Partnerschaft ein wunderbarer Zustand, um die Liebe zu erkunden. Dabei ist es wichtig, zu berücksichtigen, dass die meisten von uns, wenn nicht sogar alle, NICHT gelernt haben, zu lieben. Wir tragen ALLE schwarze Löcher, schattige und verletzte Stellen in uns. Wenn wir bereit sind, uns gegenseitig in unserer Entwicklung zu unterstützen, haben wir gute Chancen, uns gemeinsam zu Liebenden zu entwickeln. Es erfordert Geduld. Und es erfordert, dass wir – wenn es irgendwie geht – bleiben. Jagen wir immer wieder neu unserer Vorstellung von Liebe hinterher, könnte es leicht passieren, dass wir die wirkliche Liebe verpassen, sie niemals finden werden.
Stattdessen gilt es zu lernen, miteinander zu sein. Das ist oft leichter gesagt als getan, nehmen wir in der Partnerschaft doch vieles persönlich, sind emotional verstrickt und denken gerne, dass der Partner schuld ist, wenn es mir schlecht geht.
Unsere Vorstellung von Liebe
Und dann ist da ja noch unsere ureigene Vorstellung von Liebe, die auch der aktuelle Partner offensichtlich nicht erfüllen kann!
Natürlich nicht! Es stellt sich also garnicht so sehr die Frage nach dem „Ich liebe Dich“.
Ich liebe oder ich liebe nicht.
Das trifft den Kern eher. Und wenn es mir gelingt, mit dem Feld der Liebe in mir in immer tieferen Kontakt zu kommen, ist das Lieben nicht mehr auf irgendetwas begrenzt. Auch nicht auf die Partnerin oder den Partner. Ist es Liebe, dann öffnet sich das Herz für die Welt. Für alles leben. Für unsere Mutter Erde. Mit all ihren Verletzungen, mit all ihren Bewohnern.
Dieser Artikel ist ein Versuch, die Dringlichkeit der Selbst-Liebe-Erfahrung hervorzuheben. Nur wenn ich lerne, mich selbst wertzuschätzen und mir selbst geduldig und liebevoll zu begegnen, wenn ich Selbst-Mitgefühl entwickeln kann, komme ich mit der wirklichen tiefen Liebe in Kontakt, zu der es kein Gegenteil gibt. Dann weiß ich sicher, dass ich alles in mir trage, was ich brauche. Erst dann können wir Lieben üben. Wir fangen an, anders zu fühlen. Weiter, größer, unendlicher… So lange, bis wir sukzessive selbst zu Liebe werden.
In diesem Sinne, worauf wartest du? Alles Liebe…
Deine Daniela
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