Mühelos? – Warum machen wir es uns so schwer?

Auf dem Bild ist eine Raupe, das Wort Mühelos? und der Satz Warum machen wir es uns so schwer?


Mühelos? – Warum machen wir es uns so schwer?

Mühelos? – Warum machen wir es uns so schwer?

Früher, als ich aus der Schule nachhause kam, machte ich als erstes meine Hausaufgaben. Gerade in der Grundschulzeit habe ich meine Hausaufgaben nie! vergessen. Meistens machte ich sie sogar gerne. Meine gesamte Schulzeit hindurch habe ich nur äußerst selten irgendwelche Schulaufgaben vergessen.


Ich war eine durchschnittliche Schülerin, lag in den meisten Fächern bei Note 2 oder 3.

Trotzdem ist es immer wieder vorgekommen, dass meine Mutter vom Elternsprechtag heimkam und erzählte, die Lehrerin hätte gesagt, ich sei „stinkfaul“. Das saß! Und ich war mir keiner Schuld bewusst. Hatte ich doch immer meine Aufgaben dabei.

Leider gewichtete meine Mutter die Meinung der Lehrerin hoch. Wenn die Lehrerin sowas über mich sagte, war da wohl was dran.

Es stimmt, dass ich für Klassenarbeiten nicht viel gelernt habe. Meistens schaffte ich auch ohne zu lernen eine zwei oder wenigstens eine drei. Manchmal sogar eine eins. Warum sollte ich mich also mit stundenlangem Lernen quälen? Irgendetwas grottenlangweiliges (beispielsweise Geschichtsdaten 🙁 ) in mein Gehirn zu quetschen, war in der Tat Quälerei für mich. Reichte es nicht, dass ich ohne es infrage zu stellen jeden Morgen früh aufstand, mit dem Fahrrad bei Wind und Wetter mehrere Kilometer bis in die Schule (und mittags wieder nachhause) fuhr und anschließend völlig freiwillig meine Hausaufgaben machte? Offensichtlich nicht! Es sollte mehr sein. Ich sollte mir mehr „Mühe geben“. Aber warum? Ich schaffte doch alles.

Wurmte es irgendjemanden, dass ich die Nachmittage dazu nutzte, mich mit anderen Kindern zu treffen, jede Menge Bücher zu lesen oder einfach mit dem Fahrrad durch die Gegend zu fahren? Für mich war das der Ausgleich für das Stillsitzen und ein hohes Maß an Konzentration am Vormittag.

Ich schaffte ohne Probleme den mittleren Bildungsabschluss, machte eine Ausbildung zur Schriftsetzerin (mit Gesellenbrief) und absolvierte einen einjährigen Auslandsaufenthalt. Ich arbeitete als Lithografin bis zur Geburt meines ersten Kindes.
Im zweiten Bildungsweg (als die Kinder größer wurden) erwarb ich einen Abschluss als Heilpraktikerin und als zertifizierte kreative Kinder- und Jugendlichentherapeutin.

Ich weiß, dass ich den Umstand, während meiner Kinder- und Jugendzeit wiederholt als „stinkfaul“ bezeichnet zu werden, unglaublich ungerecht fand. Und ich weiß, dass dieser Vorwurf mich später im Leben gnadenlos antrieb. Es gab Zeiten, in denen ich meine persönlichen Grenzen komplett verloren habe. Es sollte bloß niemand denken, dass ich „faul“ sei.

Während meiner therapeutischen Arbeit, stieß ich bei vielen Eltern auf ein ähnliches Phänomen.

„Er könnte in der Schule viel besser sein, wenn er wollte“, „Sie tut immer nur das Nötigste“, „Er gibt sich überhaupt keine Mühe“ … und so weiter. Der Leidensdruck bei den Eltern war entsprechend groß. Hatten sie doch Sorge, dass ihre Kinder später nicht genug Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Es sitzt also immer noch in den Köpfen vieler Menschen, dass die Kinder sich zu wenig Mühe geben. Mit welcher Berechtigung erwarten wir von Kindern, dass sie sich jeden Tag gleichermaßen für den Lernstoff interessieren, den sich Erwachsene für sie ausgedacht haben? Dass sie immer mehr als ihr Bestes geben sollen. Und das möglichst von morgens um acht bis nachmittags um halb fünf. Manche müssen danach noch Hausaufgaben machen. Aber bitte ordentlich! Geht´s noch?

Beobachten wir mal ein Baby oder ein Kleinkind. Ein kleines Kind ist von morgens bis abends damit beschäftigt, seine individuelle Entwicklung voranzubringen. Dabei ist ihm keine Anstrengung zu groß. Dabei gibt es sich tatsächlich Mühe. Ganz freiwillig! Das Kind will aufstehen, es will laufen und sprechen. Da wirkt eine höhere Kraft, die das Kind zieht. Das geht so lange bis wir Erwachsenen meinen, dem etwas hinzufügen zu müssen. Bis wir mit diversen (Früh-) Förderprogrammen eingreifen. Botschaft an das Kind: Es reicht nicht, wenn du im ersten Lebensjahr als völlig hilfloses Wesen beginnst und krabbeln, aufstehen, Essen kauen, laufen und erste Wörter sprechen lernst. Da sollte schon etwas mehr kommen.

Wie verrückt ist das?

Manche Menschen haben Angst, dass sie nichts wert sind, wenn ihr Terminkalender nicht randvoll mit Einträgen ist. Sie fühlen sich erfolgreich, wenn sie für spontane Aktionen keine Zeit haben. „Machen“ ist Trumpf. Muße und Stillezeiten erleben viele als bedrohlich. Vielleicht erging es ihnen in ihren Kinder- und Jugendjahren ähnlich wie mir. Irgendeine treibende Kraft steckt jedenfalls dahinter, wenn wir uns kaum Ruhe und Zeit für Erholung erlauben. Für Viele gehören Erfolg und Mühe untrennbar zusammen. Aber ist das wirklich so?

Sich Mühe geben? Was bedeutet das überhaupt? Ich habe dazu ein bisschen recherchiert.

Mühe bedeutet: Anstrengung, Belastung, Mühsal.

Etwas wird als mühevoll bezeichnet, wenn wir dafür mehr Kraft aufbringen müssen als wir eigentlich haben.

Das Antonym zu Mühe ist Leichtigkeit.

Aha!

Leichtigkeit. Lass dir das Wort einmal auf der Zunge zergehen: Leichtigkeit.

Nach meinen Beobachtungen wird das, was uns leicht gelingt, nicht wirklich ernst genommen. Weder von den Menschen um uns herum, noch – und hier liegt das größere Problem – von uns selbst.

Wenn wir uns nicht bereit zeigen, unsere persönlichen Grenzen für etwas, was andere von uns ewarten, zu missachten, suchen wir Anerkennung für das, was wir tun, vergeblich.
Es war leicht für mich, mit einem mittleren Notendurchschnitt durch die Schulzeit zu gehen. Auf irgendeine Anerkennung durfte ich allerdings nicht hoffen. War ja nie ein Einser-Zeugnis. Stattdessen wurde ich als „stinkfaul“ bezeichnet.

Es hat einige Zeit gedauert, bis ich wusste, dass diese Zuschreibungen ausschließlich mit den Konditionierungen und den Sichtweisen meiner Lehrerin zu tun hatten, die meine Mutter leider übernahm. Heute weiß ich, dass ich nicht stinkfaul bin. Dass ich es nie war.

Heute weiß ich, dass es mühelos sein darf. Teile in mir wissen das jedoch immer noch nicht. Dann und wann geschieht es noch, dass ich meine persönlichen Grenzen nicht ernst genug nehme. Allerdings meldet sich mein Körper früher als in jüngeren Jahren. Und das ist gut so! Das Spüren geht über den Körper und damit ist mein Körper der Indikator dafür, wann etwas genug ist. Damit ist nicht gemeint, dass wir mitten in einer Tätigkeit sozusagen das „Messer im Schwein“ stecken lassen. Es darf auch mal anstrengend sein. Aber nicht dauernd. Nicht jeden Tag. Und was zuviel ist, ist und bleibt zuviel. Das wahrzunehmen und uns entsprechend zu verhalten, ist die Lektion, die es zu lernen gilt. Wir treiben uns sonst selbst in den Burnout.

Um zu merken was geht und was nicht, ist es wichtig, die Selbstverbindung zu stärken.

Wie ist das bei dir? Du bist der Indikator dafür, wie weit du gehen möchtest. Spürst du rechtzeitig, wenn etwas anfängt mühevoll zu werden? Ab wann wird es quälend? Und was tust du dann?

Noch ein paar Sätze zum Begriff „mühelos“. Mühelos bedeutet nicht…

  • dass du dich nicht mehr einbringst.
  • Das du deine Tage ab sofort auf dem Sofa verbringst
  • dass dir alles egal ist
  • dass du nicht hilfsbereit bist
  • dass Menschen sich nicht auf dich verlassen können
  • dass es im Leben keine Anstrengung mehr gibt

Mühelos bedeutet stattdesssen:

  • dass das, was du tust, von etwas Höherem unterstützt wird
  • dass du ausgiebig deine Talente und Begabungen nutzt
  • dass sich dein Leben anfühlt, als hättest du mehr Rückenwind
  • dass du vieles von dem, was du tust, mit Begeisterung, mindestens aber mit Freude tust
  • dass du trotz des Tuns Leichtigkeit erlebst

Mit Begeisterung darf es ruhig auch mal anstrengend sein. Begeisterung und Freude am Tun tragen dich voran. Tragen dich durch Engpässe. Da werden Hindernisse und Schwierigkeiten zu Herausforderungen, die wir schaffen möchten. Die Kunst liegt jetzt darin, deine Aktivitäten so zu dosieren, dass ein Hindernis unangestrengt überwunden werden kann.

Werfe einmal einen Blick auf deine Lebenssituation. Fühlt sie sich anstrengend an? Fühlst du dich vielleicht ausgebrannt?

Ich wünsche dir, dass du Wege findest, mehr Leichtigkeit in dein Leben zu lassen. Wenn du Unterstützung brauchst, dann melde dich gerne bei mir. Ich unterstütze dich darin, dein Leben wieder in eine ausgewogene Balance zu bringen.

In diesem Sinne

Alles Liebe …

Deine Daniela

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