Positiv Denken?
Positiv Denken? Wer möchte das nicht?
Viele Therapiekonzepte greifen den Leitsatz des Positiven Denkens auf und lehren die Klienten unterschiedlichste Methoden, wie sie ihre Gedanken in eine positivere Richtung lenken können.
Es ist ja tatsächlich was dran. Wenn ich gedanklich schlecht drauf bin, schlägt sich das auch mal gerne irgendwo im Körper nieder. Vielleicht vergeht mir der Appetit oder ich kann nicht einschlafen, weil mir irgendein Gedanke in einer Art Rotationsschleife einfach keine Ruhe lassen will. Ein zielloses Grübeln, welches sich, einmal eingesetzt, mitunter über Tage (und Nächte) festkrallt.
Wer mit Traumafolgestörungen zu tun hat weiß, dass ein Gedanke an den Trigger ausreicht, um eine ganze Kaskade von Symptomen in Gang zu setzen. Das ist nicht nur lästig, sondern kann auch sehr quälend werden.
Für manche kann ein Blick auf das aktuelle Tagesgeschehen in der Welt reichen, um in Gedankenschleifen zu geraten, die furchteinflößend sind und Zukunftsängste schüren. Dann ist es mit dem inneren Frieden erstmal vorbei.
Manchmal scheint es mir außerdem, als ob negative Gedanken einen Verdopplungseffekt haben.
Ein trüber Gedanke kommt selten allein.
Man gerät leicht in eine Spirale mit deutlichem Abwärtstrend. Wer hätte da nicht gerne ein paar Techniken an der Hand, die die Kreissäge im Kopf in Harfenklänge verwandeln?
Wenn du wissen möchtest, warum ich von den Theorien des „Positiven Denkens“ trotzdem nicht viel halte und lieber anderen Methoden, mit Gedanken umzugehen, den Vorzug gebe, dann ist dieser Artikel etwas für dich.
Es gab Zeiten in meinem Leben, da begann das Gedankenkarussell in meinem Kopf exakt mit dem Erwachen am Morgen. Die ersten Ängste des Tages hielten Einzug und legten sich wie eine dunkle Decke schwer auf meinen gesamten Körper. Innerhalb von wenigen Sekunden fühlte ich mich wie gelähmt. Es war mir praktisch unmöglich, der Negativität meiner Gedanken auszuweichen oder ihr etwas entgegenzusetzen. Einmal wahrgenommen, benahmen sich die destruktiven Gedanken wie riesige Luftballons, die mir die Sicht auf alles andere versperrten.
Ich hätte viel dafür gegeben, die Gedankenfluten, die mich schon zu Beginn des Tages in eine Abwärtsspirale zogen, zumindest vorübergehend einmal abschalten oder in eine freundlichere Richtung lenken zu können.
Natürlich habe ich mich über entsprechende Tricks und Methoden, meine Gedanken in eine positivere Richtung zu lenken, informiert und diesbezüglich einiges ausprobiert. Manches half auch tatsächlich, zumindest über einen kurzen Zeitraum.
Am Ende hatten alle Methoden, die ich ausprobiert habe, allerdings eines gemeinsam: Sie strengten mich an.
Es war anstrengend für mich, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, um einen Gedanken in eine andere Richtung zu lenken, bevor er allzu heftige körperliche Symptome verursachte. Oder aufkommende Bilder zu stoppen, kamen sie doch in so kurzen Intervallen. Je mehr ich mich bemühte, umso mehr negative Gedanken fanden den Weg in meinen Kopf. Zumindest war das mein Eindruck. Das ganze wurde mehr und mehr zu einem inneren Kampf.
Nach einiger Zeit gab ich meine ständigen Bemühungen auf und fühlte mich schlecht, weil es bei mir einfach nicht funktionieren wollte. Warum war ich nicht in der Lage, zu können, was anderen scheinbar ohne größere Probleme gelang? War ich nicht konsequent genug? Oder waren meine Anstrengungen mehr ein Versuch, die unliebsamen Gedanken wieder in die moderige Kiste zurückzudrängen, aus der sie aufstiegen? Ich empfand jeden weiteren Anlauf, meine Gedanken in eine von mir erwünschte Richtung zu lenken, als anstrengendes und irgendwie künstliches Konstrukt. Es musste doch Möglichkeiten geben, mit jedem aufkommenden Gedanken klar zu kommen, egal ob positiv oder negativ.
Als ich zu meditieren begann, schaute ich plötzlich aus einem völlig anderen Blickwinkel auf das Durcheinander in meinem Kopf. Immer wieder betonte mein Meditationslehrer, dass in einer Meditation jeder Gedanke, völlig unabhängig von seiner Qualität, kommen darf.
Ich erlebte es als sehr entlastend, dass mich endlich jemand, der sich mit gedanklichen Phänomenen auskannte, ermutigte, den Kampf gegen die negativen Gedanken loszulassen.
Ich fühlte mich, wie von einer schweren Last befreit.
Seitdem kämpfe ich nicht mehr gegen meine negativen Gedanken. Und das nicht nur in den Meditationen. Ich lerne zunehmend, Gedanken als das zu erkennen, was sie sind: Gedanken! Eine eigene Form von Energie. Nichts sonst.
Ich spüre, wie sich eine immer größere Distanz zu allen gedanklichen Aktivitäten bildet. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle mehr, ob es positive oder (vermeintlich) negative Gedanken sind. Ich kann sie beobachten. Sehe, wie sie durchfließen. Als polare Wesen, die wir sind, ist es normal, dass wir beide Qualitäten in uns tragen. Die Bewertung positiv/negativ lasse ich mehr und mehr wegfallen. Es sind Gedanken. Mehr nicht. Punkt!
Welchen Mehrwert habe ich, wenn ich die Qualität meiner Gedanken nicht mehr bewerte?
Was kommt dabei heraus, wenn wir lernen, unsere Gedanken, vom Inhalt unbeeindruckt, zu beobachten? Wir lernen, dass wir nicht unsere Gedanken sind. Wir hören auf, uns mit ihnen zu identifizieren. Die Identifikation mit dem Gedanken macht das Problem, nicht der Gedanke selbst.
Ich bin die Beobachterin meiner Gedanken. Aber in bin nicht meine Gedanken. Klingt durcheinander?
Probiere es einmal aus. Es ist gar nicht so schwer. Wenn du das nächste Mal in einer Gedankenschleife steckst, dann probiere einmal, sie wie einen Film, der sich in deinem Inneren abspielt, zu beobachten. Trete aus ihrem Fokus heraus. So wirst du immer mehr zur Beobachterin.
Und wenn du etwas Übung darin bekommen hast, wirst du entdecken, dass die Gedanken dir immer weniger anhaben können. Damit verlieren sie ihre Macht über dich.
Es entsteht ganz mühelos eine immer größere Freiheit!
Ich habe die Freiheit, zu entscheiden, ob ich einem Gedanken folgen will oder nicht. Auch kreative Ideen oder Impulse produzieren Gedanken. Diese erlebe ich meist als konstruktive Gedanken, die meine Schaffenskraft anregen. Wenn sie kommen, mache ich mir entsprechende Notizen, um sie später weiter zu verarbeiten. Die Quelle dieser Gedanken ist die kreative Intelligenz tief in mir. Ich lasse sie fließen.
Selbstverständlich gibt es die andere Kraft auch. Ihr entspringen Gedanken, deren Qualität ich eher als dunkel oder destruktiv beschreiben würde. Diese Gedanken nehme ich lediglich wahr. Sie sind nun mal auch da. Ich weiß, dass auch diese Gedanken durchfließen. Ich nehme sie wahr, mehr Beachtung bekommen sie nicht.
Wenn wir die inneren Gedankenkämpfe aufgeben und die Angst vor unseren destruktiven Gedanken verlieren, dann trägt das zu größerer Freiheit und zu wachsendem inneren Frieden bei.
Sollte es in meinem Kopf trotzdem einmal allzu turbulent zugehen, was nur noch sehr selten vorkommt, habe ich jederzeit die Möglichkeit, den Gedankenstrom zu unterbrechen. Das ist etwas anderes, als sie umlenken zu wollen oder dagegen zu kämpfen. Ich unterbreche den Fluss der Gedanken indem ich ein paar Atemzüge lang einfach meinen Atem beobachte. Ein paar bewusste Atemzüge wirken hier oft Wunder.
Probiere das mal aus.
Den Atem einfach zu beobachten stoppt jeden Gedankenfluss und bringt dich unmittelbar in eine tiefere Selbstverbindung. Wenn nach diesem kleinen Break dann wieder Gedanken einsetzen, hat sich die Qualität oder zumindest die Intensität meist schon entschärft.
Wie ist es bei dir? Hast du mehr friedliche Gedanken oder sind sie oft zänkisch oder sogar quälend? Solltest du Unterstützung wünschen, dann kontaktiere mich gerne.
Ich wünsche dir im Trubel der Zeit immer wieder gedankenstille Momente.
Herzliche Grüße
Deine Daniela
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