Was passiert mit mir? – Wenn die erwachsenen Kinder triggern

Auf dem Bild ist eine Frau zu sehen, Eisenstangen und Silouhetten von Menschen. Außerdem der Text: "Was passiert mit mir?" und "Wenn die erwachsenen Kinder triggern"


Was passiert mit mir? – Wenn die erwachsenen Kinder triggern

Was passiert mit mir? – Wenn die erwachsenen Kinder triggern

Es ist Herbst. Die Adventszeit ist nicht mehr weit und du freust dich auf viel gemeinsame Zeit mit deinen erwachsenen Kindern an Weihnachten. Wenn sie dann da sind, legt sich plötzlich ein Schatten über deine Freude. Was denn jetzt? Du möchtest ihn nicht spüren. Den Schatten. Es ist doch alles in Ordnung. Oder?


Meine Kinder sind längst „aus dem Haus“.

Ich freue mich, wenn sie einen Besuch ankündigen. Einer von ihnen wohnt weiter weg. Darum sehen wir uns nicht so häufig. Dafür bleibt er dann gerne ein paar Tage. Es gibt von meiner Seite keine „offenen Rechnungen“ zwischen mir und den Kindern.

Trotzdem fühlte es sich in der Vergangenheit manchmal bedrückend an, wenn sie da waren? Oder es kam nach dem Besuch. Manchmal war es, als lägen schwere Gewichte auf mir. Nach dem Beisammensein war ich oft „nah am Wasser“ gebaut. Ich konnte es mir lange nicht erklären. Was passiert in diesen gemeinsamen Zeiten mit mir?

Eine Zeitlang dachte ich, irgendwas bei den Besuchen oder Treffen mit den Kindern nicht richtig zu machen. Vielleicht nicht richtig auf mich aufzupassen. Nicht gut bei mir zu sein. Sollte ich die Besuche vielleicht reduzieren? Das wäre mir schwergefallen. Schließlich sind mir die Kontakte kostbar. Es hat eine Weile gedauert, bis ich das Muster durchschaut habe:

Die Kinder versetzen etwas in mir in Unruhe. Sie wühlen, einfach nur durch ihre Anwesenheit, etwas in mir auf. Da sind immer noch unverheilte Wunden in mir, die sich im oder nach dem Beisammensein mit meinen Kindern melden. Das ist, was mit mir passiert. Nachdem ich diesen Zusammenhang erkannt hatte, wurde es merklich besser.

Ich fühle mich meinen Kindern in Liebe verbunden. Und trotzdem kommt es immer noch hin und wieder vor, dass sich etwas unbehaglich anfühlt wenn wir beisammen sind oder waren. Heute weiß ich: Das darf sein. Und vor allem: Es ist nicht schlimm! Es fordert mich zum Hinschauen auf. Wenn die Kinder da waren, bleibe ich mit neuen Aufgaben zurück. Mit inneren Aufräumarbeiten.

Meine Kinder und ich haben eine gemeinsame Vergangenheit. Da ist es nur natürlich, dass es immer wieder Situationen geben kann, die auf subtiler Ebene Erinnerungen aufwerfen. Das können auch Körpererinnerungen sein.
Diese Erinnerungen kommen gerne in Gestalt trüber Gefühle. Sie tauchen als Unwohlsein sehr plötzlich auf. Und sie haben mit der Situation, in der wir uns im Moment des Auftretens dieser Gefühle befinden, meistens wenig zu tun.

Besonders „Schuldgefühle“ sind (nicht nur) bei mir ein großes Thema. Auch wenn ich weiß, dass ich einige ungesunde Muster der vorausgegangenen Generation(en) durchbrechen konnte, meldet sich meine innewohnende Bewertungspolizei gerne und will mir weismachen, dass das nicht reicht. Irgendwas flüstert mir ins Ohr, dass ich hätte besser sein müssen. Ich sehe in den Momenten ausschließlich das, was nicht so gut geklappt hat. Und fühle mich entsprechend! Mittlerweile erkenne ich das Schema recht schnell. Es geht nicht mehr darum, bei den Kindern Vergebung zu suchen, ich muss sie bei mir finden. Und stärken. Sie zulassen! Mir selbst zu vergeben fällt mir so viel schwerer als anderen ihre Schuld zu erlassen.

Fühle ich mich nach einem Treffen irgendwie bekümmert, tut es gut, einen Spaziergang zu machen oder mit meinem Mann Thomas darüber zu sprechen. Oder beides. Es ist wichtig, dass die Themen zwar Raum bekommen, jedoch nicht das gesamte Erleben bestimmen. Das Gehen hilft, wieder ganz in die Präsenz zu kommen. Es hilft mir, Zusammenhänge zu erkennen, ohne in vergangenen Episoden hängen zu bleiben. Gehen hilft auch sehr gut, wenn sich unsere Gedanken im Kreis drehen, wenn wir immer wieder an denselben Punkt kommen, von dem aus es nicht weiter geht. Ein Spaziergang unterbricht Grübeleien.

Auch wenn die Kinder längst erwachsen sind, so müssen wir trotzdem auf dem Schirm haben, dass das Spiegeln nicht aufhört. Damit tun sie sozusagen ihren Job. Es ist hinlänglich bekannt, dass die Kinder uns durch ihr Verhalten helfen, uns selbst besser zu erkennen. Das fühlt sich allerdings nicht immer schön an. Darum kann es leicht passieren, dass uns im Kontakt mit Sohn oder Tochter irgendwas ganz plötzlich auf die Stimmung schlägt. Es kann auch ein echtes körperliches Unwohlsein hervorrufen. Wer zum Beispiel zu Migräne neigt, hat möglicherweise nach einem Treffen mit dem Kind einen Migräneanfall.

Daran ist niemand Schuld. Es zeigt uns lediglich, dass es noch wunde Stellen in uns gibt, die sich durch bestimmte Ereignisse bemerkbar machen. Das Akzeptieren solcher Vorkommnisse ist der erste Schritt in eine gute Richtung. Es lohnt sich, hinzuspüren. Hinspüren, aber sich nicht darin verlieren ist eine Vorgehensweise, die das Ausheilen der alten Wunden unterstützt.

Finde heraus, was dich genug erdet, sodass du hinfühlen kannst und trotzdem den Kontakt zum Hier und Jetzt behältst. Sollte es allzu oft vorkommen, dass du dich nach dem Zusammensein mit deinen Kinder schlecht fühlst, dann zögere nicht, dir Hilfe zu holen. Dazu kannst du auch gerne einmal in meine Angebote schauen.

Die Palette der „schweren Gefühle“ im Zusammenhang mit den verselbständigten Kindern ist riesig. Was ist es bei dir, das dich unwohl fühlen lässt?

Ist es Schuld? Denkst du, die Beziehung deines Sohnes ist deswegen in die Brüche gegangen, weil du dich früh vom Vater getrennt hast? Meinst du, er hat dabei Schaden genommen?

Ist es Wehmut? Hältst du es nur schwer aus, wenn die Tochter mit ihrem Freund in die eigenen vier Wände zurückfährt? Ist der Wunsch, dass sie nochmal klein wäre gerade übermächtig?

Oder Trauer? Um verpasste Chancen? Weil du so viel gearbeitet und nicht mitbekommen hast, als das Kind zum ersten Mal alleine Fahrrad gefahren ist.

Fühlst du Ärger? Vielleicht darüber, dass sie zu selten kommen oder nur so kurz geblieben sind?

Oder ist es Angst? Die Tochter bewegt sich selbstbewusst in der ganzen Welt, fliegt mal hierhin, mal dahin. Überall lauern Gefahren. So kommt es dir jedenfalls vor.

Vielleicht ist es von allem ein bisschen. Dies alles ist sooo normal. Schließlich lieben die meisten von uns ihre Kinder. Nur steckt die Liebe allzu oft im Schwitzkasten des übermächtigen Ego. Wir haben Liebe kaum gelernt. Meist ist das, was wir Liebe nennen, an Bedingungen geknüpft, an den Auftrag, uns glücklich zu machen. Ein Auftrag, den kein Kind erfüllen kann. Und es nicht muss!

Aber wenn wir nach einem Treffen mal so richtig geweint haben und die Angst- oder Wehmutwelle fertig damit ist, uns zu überrollen, glimmert plötzlich ein winziger Schein durch das Dunkel. Was ist das? Noch unter Tränen muss ich dann lächeln, weil es mich gleichzeitig so glücklich macht, dass der Sohn so liebevoll mit seiner Frau und seinem Kind umgeht. Dass es mich mütterlich stolz macht, dass die Tochter so unerschrocken nach den Sternen greift. Dann kann ich mich an meinen erwachsenen Kindern freuen.

Und mich anschließend wieder mit Freude meinen sonstigen Aufgaben zuwenden.

Und wenn ich einmal denke, sie kommen nicht oft genug, dann erkenne ich auch, dass die Kinder mir genügend Zeit für mich selbst lassen. Ich brauche viel Zeit für mein persönliches Wachstum. Ich brauche Zeit, diesen Blog udn meinen Podcast zu pflegen. Für Coachings. Für Thomas. Ich möchte heute alles in meinem Leben in Ruhe machen. Keine Hetze mehr! Und ich genieße es sehr, nicht mehr verantwortlich zu sein. Meine Kinder sind im besten Sinne verselbständigt. Sie brauchen mich nicht mehr. Und das sollte das Ziel der Begleitung von Kindern sein.

Fühlst du dich noch verantwortlich für deine erwachsenen Kinder? Für das, was sie tun? Sei ehrlich zu dir selbst. Kratzt es dich sehr, wenn ihnen etwas daneben geht? Fühlst du dich dann schlecht? Gibt es irgendwelche Abhängigkeiten? Wirtschaftlich oder emotional? Wie geht es dir, wenn sie Entscheidungen treffen, die du dir anders für sie gewünscht hättest?

Wir dürfen nicht vergessen, dass aus unseren Kindern erwachsene Menschen geworden sind. Sie haben jedes Recht auf ihren eigenen Weg. Auch auf Versuch und Irrtum! Lassen wir ihnen doch die Freiheit, sich auszuprobieren.

Wenn du eine Mutter bist, dann wünsche ich dir viel gute Zeit mit deinen erwachsenen und noch nicht erwachsenen Kindern.

Mache es einfach so gut du kannst. Traue dich, hinzuspüren, wenn dir plötzlich etwas die Stimmung verhagelt. Was stößt dir auf? Was möchte noch einmal angeschaut werden, bevor du es loslassen kannst? Die Erfahrung zeigt, dass das aufrichtige Hinfühlen hilft, die eigenen Wunden zu heilen. Es braucht tatsächlich oft nicht mehr als das. Irgendwann wirst du merken, dass die Schatten seltener kommen, bis sie plötzlich ganz verschwinden. Hier spreche ich aus Erfahrung. Dann wird der Umgang mit den erwachsenen Kindern zu purer Freude.

Und übrigens: In diesen Post schließe ich ausdrücklich auch alle Adoptiv- und Pflegemütter, alle Groß- und Stiefmütter ebenso mit ein, wie die Mütter, die aus welchen Gründen auch immer nicht bei ihren Kindern sein können. I feel you.

Alles Liebe …

Deine Daniela

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